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Bad König
Bad König
Mitte der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts lebten im heutigen Gebiert des Odenwaldkreises etwa 600 Menschen jüdischen Glaubens, wenig mehr als ein Prozent der Bevölkerung. Für König, damals noch nicht mit dem Prädikat „Bad“ versehen, ergab eine Zählung im Jahr 1933 noch 71 jüdische Einwohner, die sich zur Feier ihres Glaubens in einer am Kimbach gelegenen Synagoge versammelten. Die Königer Juden nahmen am Leben des kleinen, als Kurort aufstrebenden Ortes regen Anteil. Schon um die Jahrhundertwende waren Frankfurter Schulkinder jüdischen Bekenntnisses zur Erholung in den Odenwälder Kurort gebracht worden und Königer Juden betätigten sich als Gastgeber von Kurgästen; ihre Arbeit im damaligen Kurverein mussten sie allerdings schon 1932 einstellen.
Mit der Übernahme der politischen Macht durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 und der Auferlegung immer drakonischerer Beschränkungen für das Leben der Juden begann auch für die Königer Juden eine Zeit der Diskriminierung und Verfolgung. Während der landesweiten Pogrome im November 1938 kam es auch in König zu Plünderungen jüdischer Wohnungen und Häuser. Die Synagoge wurde nur deshalb nicht angezündet, weil man um die umstehenden Häuser fürchtete, aber das Innere des jüdischen Gotteshauses wurde zerstört und Teile der Einrichtung wurde aus den Fenstern in den Kimbach geworfen. Nicht genug: Die männlichen Königer Juden wurden zu einer „Scheinerschießung“ zum alten Wasserwerk geführt und durch die Aktion in Angst und Schrecken versetzt. Das Ziel, möglichst viele Juden zum Verlassen des Ortes zu bewegen, wurde schnell erreicht: Am 22. März 1939 meldete der Centralanzeiger für den Odenwald, König sei nun „judenfrei“; vorausgegangen waren im Februar 1939 weitere Ausschreitungen gegen zwei Königer jüdische Familien, bei denen ein Mensch jüdischen Glaubens zu Tode gekommen war.
Die Gemeinde König, nach dem Krieg als Bad prädikatisiert, hat sich erst spät der Erinnerung an ihre jüdischen Einwohner angenommen. Am 19. November 1986 wurde aufgrund eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung in der Nähe des früheren Standortes der Synagoge ein Gedenkstein eingeweiht, an dem inzwischen regelmäßige Gedenkstunden abgehalten werden, um an das Schicksal der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu erinnern. Auf dem Stein ist folgende Inschrift angebracht:
„In unmittelbarer Nähe stand die Synagoge der jüdischen Gemeinde. Sie wurde 1775 erbaut, am 10 November 1938 verwüstet und 1939 abgerissen. Die nationalsozialistischen Gewalttaten sind für immer als Mahnung den nachfolgenden Generationen ins Gedächtnis zu rufen, um für Demokratie, Völkerverständigung und äußeren Frieden einzutreten.
Am 22. März 2012 beschloss die Stadtverordnetenversammlung einstimmig, auch in Bad König „Stolpersteine“ zu verlegen und so an die Menschen zu erinnern, die zum Teil bis 1939 in König gelebt hatten und, um rassistischer Verfolgung zu entgehen, zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen worden waren; erinnert werden soll auch an jene, die ihr Leben in den Vernichtungslagern verloren haben.
Die Umsetzung dieses Beschlusses übertrug die Stadtverordnetenversammlung einer Gruppe von Mitbürgern, den organisatorischen Rahmen für die Planung und Ausgestaltung der Stolpersteinverlegung stellten die Stadt Bad König und die evangelische und die katholische Kirchengemeinde zur Verfügung. Finanziert wurden die Stolpersteine aus Spenden der Bürgerinnen und Bürger. Der Künstler Gunter Demnig versah die Steine mit Metallplatten, auf denen die Namen der in König wohnhaft gewesenen Juden eingraviert wurden; Demnig selbst verlegte die Steine vor Häusern, in denen die auf den Steinen genannten Juden einmal gewohnt hatten.
Die in feierlichen Rahmen vorgenommene Verlegung der Stolpersteine war von Berichten über das Schicksal der jüdischen Königer begleitet; Schüler der Carl Weyprecht-Schule verlasen die Namen der Verfolgten. Das Ehepaar Karin und Horst Friedrich übernahmen die sehr aufwändigen Archivrecherchen zu den Namen und zum Schicksal der Königer Juden, weshalb ihnen im Jahr 2016 die Bronzene Verdienstmedaille der Stadt Bad König verliehen wurde.